Skiprojekt der IGS Horhausen und der Carl Orff-Schule vom 10.01. – 18.01.2003 in Südtirol im Ahrntal
Erwartungsfroh starteten 35 Personen am Freitagabend von Willroth nach Südtirol ins Ahrntal. 17 IGS-Schüler und 9 Schüler der Carl-Orff-Schule möchten auf Skiern ihre Beziehungen weiter vertiefen. Ist es überhaupt möglich, dass Behinderte und Nichtbehinderte miteinander Ski fahren?Wie entwickelt sich das Zusammenleben auf engem Raum? Sind alle nichtbehinderten Schüler bereit, jederzeit ihre Hilfe anzubieten? Wird dieses Pilotprojekt eine einmalige Angelegenheit sein und bleiben? Auf diese und viele andere Fragen sollten am Ende dieser Woche ehrliche Antworten gegeben werden.
Da sich alle Teilnehmer von zwei gemeinsamen Treffen kannten, waren keine Berührungsängste zu erwarten.Nachdem das Gepäck verstaut und alle einen Sitzplatz gefunden hatten, ging die Fahrt in Richtung Süden unter einem großen Abschiedszermonium los.
Kurz hinter Limburg der erste Halt. Da die Bordtoilette vereist war, musste für einen unserer Schüler ein Toilettenstopp eingelegt werden. Bis nach Südtirol sollte dies jedoch der einzige durch uns verursachte Halt bleiben. Die Aufregung während der Busfahrt war so groß, dass kaum jemand Schlaf fand. So kamen wir am frühen Morgen ziemlich übermüdet in Weissenbach an. Da die Zimmer erst gegen Mittag bezogen werden konnten, fuhren wir nach dem Frühstück mit dem Skibus unser Skimaterial abholen.
Zu erwähnen bleibt noch, dass Jan Marcus es vorzog in einem benachbarten Restaurant zu frühstücken, ohne dass er vermisst wurde. Er konnte der Wirtin glaubhaft versichern, dass er die ganze Nacht im Bus gesessen und nun Hunger hat. Nach dieser Aktion wurde „Zählen“ zum wichtigsten organisatorischen Element.
War der Gepäcktransport noch relativ stressfrei, so wurde beim Anproben der Skischuhe schon viel Geduld verlangt. Die Patenschaften – jeweils zwei bis drei IGS-Schüler waren für einen Carl-Orff-Schüler zuständig – bewährten sich erstmalig hervorragend. Im Verlaufe der Woche automatisierten sich diese Hilfsaktionen, ohne die viele Aktivitäten unmöglich gewesen wären. Schon der Rücktransport wäre ohne die hilfreichen Hände zum großen Problem geworden. Vollzählig und ohne Materialverlust machten wir uns über das Mittagsmahl im Ederhof her.
Nach dem Mittagessen gab es kein Halten mehr. Alle wollten auf die Anfängerpiste in unmittelbarer Nähe unserer Unterkunft. Auch einige unserer behinderten Freunde machten ein gute Figur. Während die IGS-Schüler sich im Tellerliftfahren versuchten und fast problemlos die Anfängerpiste herunterfuhren, nahmen die Carl-Orff-Schüler unsere ganze Aufmerksamkeit in Anspruch. Waren die Skifahrer noch einfach zu kontrollieren, so mussten die übrigen Schüler permanent beobachtet und beschäftigt werden. Nach zwei Stunden wusste das gesamte Betreuerteam, was es geleistet hatte. Duschen und Abendessen waren schon fast geruhsame Arbeiten. Bei der anschließenden Zimmerparty kehrte relativ schnell Ruhe nach einem anstrengenden Tag ein. Das Betreuerteam atmete tief durch und begab sich nach einem kleinen Schlaftrunk zur verdienten Nachtruhe.
Das Morgenprogramm der nächsten Tage zeigte fast einen identischen Ablauf:
Während die IGS-Schüler nach dem Wecken selbstständig die weiteren Tätigkeiten in Angriff nahmen, begann für das Betreuerteam der Carl-Orff-Schule erst die Arbeit. Einige ihrer Schüler mussten gewaschen und angezogen werden. Die Kontrolle der vollständigen Skikleidung wurde zur absoluten Notwendigkeit. Beim Anziehen der Skischuhe und dem Skitransport waren die IGS-Schüler wieder gefordert. Auch beim Bustransfer spielten ihre Helferaufgaben eine entscheidende Rolle.
Abenteuerlich gestaltete sich die erste Auffahrt zum Speikboden. Ohne das hilfsbereite Liftpersonal und die vorbildliche Unterstützung der IGS-Schüler wäre ein Liften unmöglich gewesen. Diese gegenseitige Hilfe war der Garant dafür, dass alle Schüler problemlos die Bergstation erreichen, zum Mittagessen zur Mittelstation und am Nachmittag ins Tal liften konnten.
Im Skigebiet selbst waren die Aktivitäten unterschiedlich verteilt. Die gesamte Gruppe war eingeteilt in vier Leistungsgruppen: Die Profitruppe Die fortgeschrittene Gruppe Die Anfängergruppe, in der sich auch drei Carl-Orff-Schüler befanden Die Carl-Orff-Gruppe, bei der das Stehen auf Skiern und eine leichte Vorwärtsbewegung im Vordergrund standen.
Die ersten drei Gruppen waren Selbstläufer. Unter entsprechender Anleitung versuchten alle Teilnehmer ihre individuellen Fahrmöglichkeiten zu verbessern.
Viel Arbeit bereitete die vierte Gruppe dem Betreuerpersonal. Aber die erzielten Fortschritte entschädigten für ihre Mühen.
Ohne Verletzungen – trotz teilweise halsbrecherischer Abfahrten der ersten und zweiten Gruppe – konnte die erlebnisreiche Skiwoche beendet werden.
Zum Abschluss der Skitage stand ein Slalomrennen am Freitag auf dem Programm. Mit sportlichem Ehrgeiz wurde die Piste heruntergefahren. Faszinierend die Teilnahme von drei Carl-Orff-Schüler, die den Parcours ebenfalls souverän meisterten und ebenfalls mit Medaillen belohnt wurden.
Auf die eingangs gestellten Fragen sollen nun zum Schluss ehrliche Antworten gegeben werden.
* Die vergangene Woche hat gezeigt, dass ein gemeinsames Skifahren von Behinderten und
Nichtbehinderten möglich ist. Dazu müssen vor allem die Nichtbehinderten das notwendige
Verständnis und ihre unerlässliche Hilfestellung mit einbringen.
* Das Zusammenleben auf engstem Raum stellte überhaupt kein Problem dar. Schon nach
kurzer Zeit waren gemeinsame Spiele, das gemeinsame Video schauen, sowie die
gegenseitige Hilfe eine reine Selbstverständlichkeit.
* Alle Teilnehmer waren sich nach dieser Woche darüber einig, dass dieses Pilotprojekt keine
einmalige Angelegenheit bleiben darf. Eine Wiederholung ist bereits für Januar 2004
geplant. Die Carl-Orff-Schule wird dieses Skiprojekt in ihre Jahresplanung aufnehmen. An
der IGS Horhausen ist zum neuen Schuljahr eine Arbeitsgemeinschaft geplant, die die
geknüpften Beziehungen weiter vertiefen soll.
Ein gemeinsamer Elternabend am Samstag, den 01.02.2003 soll alle Eltern in Form von Bildern und Videos die einmaligen Erlebnisse und Eindrücke nachempfinden lassen.
Ausblick:
Vor den Sommerferien wird die „Skigruppe“ ein zweitägiges Zeltlager am Hausweiher in Steinen abhalten.
Ein besonderes Lob und Dankeschön an die IGS-Schüler, die gezeigt haben, dass ein Zusammenleben von Behinderten und Nichtbehinderten ohne Einschränkungen möglich ist.
Die Einstellung zu ihrem Leben und ihren Befindlichkeiten haben in dieser Woche eine neue Sichtweise erfahren.
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